In Köln sind am letzten Wochenende zum ADZ-BarCamp zwei Gruppen zusammen gekommen, die bisher kaum zusammengearbeitet haben. Skeptisch war ich vorher, aber es war wunderbar. Nach anfänglichen Berührungsängsten kam es am Ende des ersten Tages dann zu der Aussage:
„Schön, dass ich mal so Leute, die im Internet sind, kennengelernt habe. Die sind ja eigentlich ganz normal…“.
Es stellte sich schnell heraus: Wir brauchen keine Brücken zwischen den Generationen zu bauen. Die neuen Medien erklären sich von selber, wenn sie sinnvoll in den Arbeitsalltag integriert werden und einen Mehrwert produzieren. Letzterer wird früher oder später offensichtlich, wenn man die Kongresse über Twitter vernetzt und über GoogleDocs gemeinsam vor- und nachbereitet.
Die Gemeinsamkeiten überwiegen dahingehend, dass Schule sich in einem Veränderungsprozess befindet oder zumindest in diesen getrieben werden muss. Daran kann man arbeiten.

CC by Johan Larsson (flickr)
- Die eine Gruppe umfasst die Reformpädagogen. Dieser hat sich schon vor Jahrzehnten mit den Strukturen und Grenzen des bestehenden Schulsystems auseinandergesetzt und Lücken und Freiräume gesucht, um seine eigene Vorstellung von „gutem Lernen“ zu verwirklichen. Viele Schulgründungen landauf, landab zeugen von diesen kleinen Aufbrüchen und zeigen, dass es auch anders geht.
Dieser Prozess des Ausbrechens war nicht immer einfach und mit vielen Reibungsverlusten verbunden. Motivation für seine Arbeit hat sich der Reformpädagoge aus den gegenseitigen Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen geholt, die ebenfalls ihre kleinen pädagogischen Gärten hegten und pflegten. Als Beispiel für diese institutionalisierten Netzwerke zwischen den Reformpädagogen sei auf „Blick über den Zaun“ (http://blickueberdenzaun.de/) und das „Archiv der Zukunft“ (http://www.archiv-der-zukunft.de/) hingewiesen.
- Der neuere Typus des Reformpädagogen lässt sich grob als Bildungshacker oder EduCamper umreißen. Ihn treibt der gleiche Wunsch nach einer besseren, lebenswerteren und schöneren Schule an. Für seine Netzwerke nutzt er aber nicht zuerst den Austausch über Kongresse und Bücher, sondern vor allem digitale Netzwerke wie Twitter, Blogs & Co.. Er entwickelt Ideen, verwirft sie und bestätigt sich trotz großer Entfernungen immer wieder, dass man auf einem guten Weg ist. Auf diese Weise schöpft er den Mut, weiter an seinen Ideen zu arbeiten. Aus dem direkten Kreis von Personen, die ihm täglich begegnen, erhält er kaum Verständnis, sondern oft Unverständnis und den Stempel der Nervensäge.
Von außen gesehen kann man diesen Bildungshacker der jungen Generation der „digital natives“ zurechnen. Sein Bild in der Öffentlichkeit ist oft so geprägt: Er sitzt den Tag am Computer, ist ständig abgelenkt und kaum in der Lage, sich längere Zeit mit einer Sache zu beschäftigen. Ergo sind wertvolle Impulse nicht zu erwarten. Er strebt nach kurzzeitiger Aufmerksamkeit. (Warhol: „In Zukunft kann jeder Mensch für 15 Minuten Berühmtheit erlangen“).
Meine Erfahrungen vom vergangenen Wochenende lassen mich zu der Überzeugung kommen, dass die Kluft zwischen digital natives und denen, die die neuen Technologien nicht nutzen, nicht besteht. Der Bruch, der oft angenommen wird, ist keine Frage der Mediennutzung, sondern eine Frage der Einstellung:
Glaube ich daran, dass man die Welt durch seine Aktivitäten gestalten kann – und versuche dies auch zu tun? Oder verwalte ich mein Leben, um die schon genügend komplexen Alltagssituationen für mich erträglich zu machen – zu vereinfachen?
Nicht die „digital natives“ und „digital immigrants“ stehen sich in der Schule gegenüber, sondern ein Kontrollbedürfnis und die Risikobereitschaft.
Daher setzt jede Diskussion, die „neuen Medien doch endlich auch den Lehrern durch Fortbildungen nahe zu bringen“, an der falschen Stelle an. Es scheint so als wenn jene, die bereit sind, ein Risiko einzugehen, auch offen und interessiert den neuen Kommunikationsmedien gegenüberstehen: Nothing venture, nothing win.
Wenn wir Schule anders denken wollen, müssen wir uns gemeinsam auf den Weg machen. Jeder mit seinem Werkzeug (wobei zukünftig die digitalen Medien durch ihre Möglichkeit der schnellen Vernetzung ohne Zweifel Vorteile mit sich bringen).